Schweizer Gewerbeimmobilien (englisch commercial real estate oder CRE) erzielen zurzeit höhere durchschnittliche Nettoanfangsrenditen als Wohnimmobilien (3,4% gegenüber 3,1% Stand Ende 2023). Ähnlich wie der Wohnimmobiliensektor profitiert auch der Schweizer CRE von der starken Nachfrage und dem geringen Angebot.

In den Jahren 2022 und 2023 war die Nachfrage nach Büroflächen aufgrund der Erholung nach der Pandemie und des starken Beschäftigungswachstums sehr hoch. Trotz der Konjunkturabschwächung wächst die Nachfrage nach Arbeitnehmern weiter an und ist im dritten Quartal 2023 auf Jahresbasis um 2,2% gestiegen, was auch den Bedarf an Büroflächen weiter erhöht. Dennoch liegt das Angebot nach wie vor unter dem Niveau vor der Pandemie. Darüber hinaus ist die Zahl der Baugenehmigungen auf dem niedrigsten Stand dieses Jahrhunderts. Angesichts dieser Umstände haben die CRE-Renditen viel Wachstumspotenzial.

Bevor umsichtige Investoren in den CRE-Markt einsteigen, sollten sie sich mit den drei wichtigsten CRE-Zyklen vertraut machen: dem Lebenszyklus des Immobilienbesitzes, dem Marktzyklus und der Lebensdauer einer Immobilie.

1. Ratgeber für Käufer: Der Lebenszyklus des Immobilieneigentums

Der Lebenszyklus des Immobilieneigentums umfasst vier typische Phasen des Eigentums: Vom Erwerb bis zum Verkauf.

a) Akquise

Die Akquisitionsphase ist von entscheidender Bedeutung, da sie den Grundstein für den Erfolg oder Misserfolg einer Investition legt. Gewerbeimmobilien weisen erhebliche Unterschiede auf, von der Lage und dem Ertrag bis hin zur Instandhaltung und Lebensdauer. Daher lohnt es sich, bei der Suche nach einer Immobilie, die Ihren Kriterien entspricht, gewissenhaft vorzugehen. Diese Phase wird als „Akquise“ bezeichnet, obwohl „Research und Matching“ sie noch treffender beschreiben würden.

Zunächst müssen Sie entscheiden, ob Sie eine bestehende CRE-Immobilie kaufen oder sich an der Entwicklung einer neuen Immobilie beteiligen möchten. Die Entwicklung einer Immobilie kann auf lange Sicht mehr Flexibilität und Kontrolle bieten. Sofern Sie keine Erfahrung mitbringen, ist es in der Regel viel einfacher, in eine bestehende Immobilie zu investieren. Entwickler müssen auf zahlreiche unerwartete Fallstricke vorbereitet sein. Andererseits ist das Alter bestehender Immobilien ein nicht zu vernachlässigender Faktor bei der Investition in eine Bestandsimmobilie (mehr dazu im Abschnitt Die Lebensdauer von Gebäuden).

Als Nächstes steht die Finanzierung an (für den Kauf der gesamten Immobilie). Überlegen Sie, was Sie sich leisten können, bevor Sie sich auf die Suche nach der richtigen Immobilie machen. Durch Gespräche mit Bankern und Vermittlern können Sie Einblick in Ihre potenzielle Beleihungsquote (englisch Loan-to-Value oder LTV) und die Aufteilung zwischen Zins- und Kapitalzahlungen erhalten.

Nach der Finanzierung erfolgt die Marktforschung. Welche Städte, Ortschaften und Mieter entsprechen Ihren Kriterien? Möchten Sie an Technologie-Startups im geschäftigen Zürich oder an staatliche Auftragnehmer in Bern vermieten? Welche kurzfristigen und langfristigen Dynamiken spielen eine Rolle? Diese Untersuchung sollte unter Berücksichtigung Ihres angestrebten Nettobetriebseinkommens (NOI) und Ihrer Kapitalrendite (ROI) durchgeführt werden.

Sobald Sie die richtige Immobilie gefunden haben, müssen Sie Verhandlungen mit den Eigentümern aufnehmen. Senden Sie ihnen dazu eine Absichtserklärung oder einen LOI (englisch Letter of Intent) für den Kauf der gesamten Immobilie. Der LOI beschreibt den Zeitplan und die Meilensteine, die zum endgültigen Verkauf führen. Ersteres umfasst die Zeit für die Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung verschiedener Faktoren, einschliesslich des physischen Zustands der Immobilie und ihrer Umgebung sowie rechtlicher Aspekte wie Eigentum, Genehmigungen und Zoneneinteilung. Wenn all dies geklärt ist, folgen die endgültigen Verhandlungen, gefolgt von der Underwriting-Analyse und der Vereinbarung mit Ihrer Bank oder Ihrem Vermittler, der Rechtsberatung, dem Vertragsabschluss und letztendlich der Zahlung und der Eigentumsübertragung.

Denken Sie daran: Der Verkaufsprozess besteht aus zahlreichen Schritten und nimmt viel Zeit in Anspruch. Darüber hinaus verläuft jeder Verkauf anders. Ein erfahrener Anwalt kann dafür sorgen, dass alles wesentlich reibungsloser abläuft.

b) Wertsteigerung

Sobald Sie Eigentümer der Immobilie (oder Ihres Anteils an einem Projekt) sind, können Sie Ihre Zeit und Ressourcen darauf verwenden, Möglichkeiten zur Steigerung des Nettobetriebseinkommens (NOI) zu erkunden. Dieser Wertsteigerungsprozess erfordert Massnahmen an beiden Enden des finanziellen Spektrums: Kostensenkung und Ertragssteigerung. Dennoch gibt es in der Regel mehr Spielraum zur Ertragssteigerung als zur Kostensenkung.

Der Ertrag kann durch Optimierungen an der Immobilie gesteigert werden, die die Auslastung erhöhen oder höhere Mieten für bestehende Mieter rechtfertigen. Dies kann von kosmetischen Verbesserungen wie der Modernisierung des Eingangsbereiches und der Landschaftsgestaltung bis hin zu umfassenden Renovierungen reichen, die den Grundriss und die Optik des Gebäudes verändern. Denken Sie daran, dass alle Änderungen sorgfältig mit Ihren Finanzpartnern, Bauunternehmern und bestehenden Mietern geplant werden müssen.

c) Stabilisierung

Nachdem Sie Geld in die Immobilie gesteckt haben, ist es an der Zeit, die Früchte zu ernten und höchstmögliche Rendite zu erzielen. Erreichen lässt sich dies durch eine anhaltend hohe Auslastung und ein Mietpreiswachstum, das der Inflation entspricht oder sie sogar übertrifft. Sorgen Sie zudem für eine hohe Zufriedenheit unter den Mietern und ersetzen Sie schlechte Mieter. Achten Sie auf die Instandhaltung der Immobilie und halten Sie ein wachsames Auge auf den Cashflow, um Anzeichen für Probleme mit der Immobilie zu erkennen.

d) Verkauf

Kein Gebäude hält ewig. Die meisten Investoren erreichen einen Punkt (in der Regel nach etwa 15 bis 20 Jahren), an dem sie ihre Immobilie verkaufen, refinanzieren oder andere Investoren ins Boot holen möchten (sofern sie Eigentümer der gesamten Immobilie sind). Bevor Sie eine Entscheidung treffen, sollten Sie diese Optionen anhand einer gründlichen Analyse unter Berücksichtigung der aktuellen und prognostizierten Renditen sowie der Finanz- und Instandhaltungskosten prüfen. Hat die Immobilie Ihre Wunschrendite bereits erzielt? Wird die zukünftige Rendite tendenziell steigen oder sinken?

Manche Investoren beabsichtigen, ihre Immobilie bereits in der Stabilisierungsphase, sobald sie ihre Zielrendite erreicht haben, zu verkaufen. Andere Anleger ziehen es vor, solange Renditen zu erzielen, bis die Ausgaben (wie Versicherungen, Steuern, Instandhaltung usw.) die Einnahmen (wie Mieteinnahmen) übertreffen. Am besten legen Sie Ihre Ausstiegsstrategie im Voraus fest, damit Sie bereit sind zu handeln, wenn die entsprechenden Bedingungen eintreten.

Wenn der Verkauf der gewählte Weg ist, ist die Beurteilung des Marktzyklus von entscheidender Bedeutung, um potenzielle Wachstumschancen zu nutzen und nicht den Löwenanteil des Wachstums zu verpassen.

2. Ratgeber für Investoren: Marktzyklus

CRE-Investoren müssen beim Kauf oder Verkauf einer Immobilie sowohl auf die lokalen als auch auf die landesweiten Marktbedingungen achten, um einen fairen und erstrebenswerten Preis zu erhalten. Das folgende Diagramm zeigt ein allgemeines Modell für den CRE-Markt mit vier Phasen. Investoren können zwar in allen vier Phasen des Zyklus erfolgreich kaufen oder verkaufen, aber dieses Modell kann ihnen dabei helfen, zu entscheiden, ob sie sich in Geduld üben oder handeln sollen.

Look at market fluctuations as your friend rather than your enemy; profit from folly rather than participate in it.
– Warren Buffett

 

Quadranten des Immobilienmarktzyklus
Quelle: Crowdstreet

a) Erholung

Die Erholungsphase stellt den Tiefpunkt des vorgestellten Zyklus dar: Die Auslastung ist auf oder nahe ihrem Tiefststand, die Nachfrage ist schwach, die Vermietungen sind schleppend und der Neubau wurde gestoppt. Doch auf Regen folgt Sonnenschein. In dieser Phase erholt sich die Nachfrage allmählich und führt in Verbindung mit einem Mangel an neuen Angeboten zu einem Anstieg der Belegungsraten und der Mieten – ein klares Zeichen für eine Markterholung.

Diese Phase stellt eine gute Gelegenheit dar, sich einen hochwertigen Standort zu einem fairen Preis zu sichern. Bei einer Erholung des Marktes können Sie die Vorteile nutzen, indem Sie die Belegung erhöhen und eine Reihe von kurz- und langfristigen Mietverträgen mit steigenden Mieten abschliessen.

Manche Stimmen würden sagen, dass sich die Schweiz derzeit in einer Erholungsphase mit sinkenden Leerständen und langsamem Bauwachstum befindet (siehe Grafik unten). Aufgrund der starken Nachfrage nach Arbeitsplätzen und der Nachfrage nach Gewerbeimmobilien könnte die Schweiz jedoch bald in eine Expansionsphase eintreten. Das hängt ganz davon ab, wie sich das BIP-Wachstum in den nächsten Jahren entwickeln wird.

 

Baugenehmigung für neue Immobilien und Angebot an Büroflächen (in CHF Millionen)
Quelle: Julius Baer

b) Expansion

Wenn die Nachfrage infolge der anziehenden Konjunktur oder externer Faktoren steigt, treffen höhere Belegungen auf ein geringes Angebot und die Mieten steigen. Dieser Anstieg der Mietpreise stimuliert neue Bauprojekte und solange die Nachfrage hoch bleibt, sinken die Leerstandsquoten.

Diese Phase stellt eine hervorragende Gelegenheit für den Erwerb und die Entwicklung von Immobilien (Investitionen in wertsteigernde Vorhaben) dar. Zwar sind die Preise noch relativ niedrig, allerdings führen die steigenden Renditen dazu, dass die neu erworbenen oder modernisierten Immobilien schnell in die Stabilisierungsphase übergehen. Anschliessend können Sie von steigenden Erträgen profitieren oder sich für den Verkauf und die Reinvestition entscheiden, während sich der Markt noch immer in der Expansionsphase befindet.

c) Überangebot

An einem bestimmten Punkt kann die erhöhte Bautätigkeit einen Sättigungspunkt erreichen, was zu einem erneuten Anstieg der Leerstände führt (obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür in der Schweiz aufgrund der strengen Vorschriften des Schweizer Planungsgesetzes von 2014, die den Bau erheblich einschränken, minimal ist). Vermieter können in diesem Fall die Mieten senken, um neue Mieter anzulocken. Eine Anpassung bestehender Mietverträge sind jedoch unwahrscheinlich. Dieser Wendepunkt kann auch früher eintreten, wenn es zu einem negativen Schock (wie beispielsweise zu steigenden Zinssätzen) kommt.

In dieser Phase könnten sich Investoren zum Ausstieg entscheiden, während andere an guten „Kernimmobilien“ mit hoher Auslastung und hohen Mieten festhalten. Die Entscheidung hängt ganz davon ab, was den Nachfragerückgang verursacht hat. Verschlechtert sich die Wirtschaft? War es eine kurze und scharfe Marktkorrektur? Oder war es ein externer Schock wie ein Materialengpass, der bald vorüber sein dürfte?

d) Rezession

Wenn die Nachfrage weiter sinkt und der Leerstand weiter steigt, können die Mieten einbrechen und die Immobilienpreise stagnieren. Wer unvorbereitet ist, kann in finanzielle Schwierigkeiten geraten und seine Kredite und andere Ausgaben nicht mehr bezahlen. Andererseits können opportunistische Käufer die Gelegenheit nutzen, angeschlagene Vermögenswerte zu günstigen Preisen zu erwerben. Wenn der Bauboom schliesslich nachlässt, fällt das Angebot wieder unter die Nachfrage und es werden Anzeichen für die nächste Erholungsphase sichtbar.

3. Die Lebensdauer von Gebäuden

Im Durchschnitt haben Gewerbeimmobilien eine Lebensdauer von 50 bis 60 Jahren. Eine gute Instandhaltung und Sanierungen, Renovierungen und Erweiterungen können die Lebensdauer jedoch verlängern. Als CRE-Investor müssen Sie die Kosten im Auge behalten, die mit den verschiedenen Phasen der Lebensdauer einer Immobilie verbunden sind.

Beispielsweise gibt es bei neuen Bauten in der Regel eine Phase, in der Baumängel angemeldet und umgehend behoben werden sollten. Solche Probleme können durch eine Versicherung abgedeckt sein, bedeuten jedoch einen vorübergehenden Verlust der Mieteinnahmen.

Ältere Gebäude erfordern in der Regel einen höheren Wartungsaufwand. Eigentümer sollten einen strategischen Entscheid treffen, wann sie in die Verlängerung der Lebensdauer einer Immobilie investieren möchten – ein Prozess, der oft als Kapitalerneuerung bezeichnet wird. Manchmal erweist sich eine Sanierung als kostengünstigere Lösung als die Investition in umfassende Renovierungen oder Erweiterungen. Dabei muss jedoch jede Immobilie individuell betrachtet werden. Bei der Kapitalerneuerung fallen mit zunehmendem Alter des Gebäudes tendenziell höhere Kosten an (siehe Grafik unten).

 

Fünfstufiges Modell des Immobilienlebenszyklus
Quelle: AssetInsights.Net

Fazit

Viele Investoren haben ihr Vermögen mit Immobilien gemacht, insbesondere im gewerblichen Bereich. Im Gegensatz zu vielen Wohnimmobilien erfreuen sich Gewerbeimmobilien häufig einer hohen Nachfrage in Gebieten mit begrenztem Angebot. Dies gilt für New York genauso wie für Zürich. Angesichts dieser einzigartigen Dynamik und der besonderen Umstände des Schweizer Immobilienmarktes (starke Nachfrage bei geringem Angebot) können Einsteiger sehr davon profitieren, die einzelnen Zyklen zu verstehen, die mit CRE-Investitionen verbunden sind.

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