Durch neue Geschäftsmodelle wie Airbnb und sich schnell ändernde Gästebedürfnisse gerät das etablierte Hoteluniversum zusehends aus den Fugen. Traditionelle Hotels stossen mit ihrem Angebot an Grenzen, und bei Neuentwicklungen ist «more of the same» selten eine Alternative. Dabei sind gerade hierzulande noch interessante Nischen zwischen Vollhotel und Serviced Living unbesetzt.
Hybride Konzepte
Zwischen Hotellerie und Parahotellerie liegt das interessante Feld der hybriden Unterkünfte. Hybrid bedeutet, dass typische Hotelelemente mit solchen von (Ferien-)Wohnungen verschmolzen werden. Dadurch werden starre Bewirtschaftungs- und Infrastrukturmodelle flexibilisiert, und es tut sich ein hybrider Angebotskorridor auf, der viel Individualität zulässt. Die Gäste entscheiden selber, welche Leistungen wie beispielsweise Verpflegung, Zimmerreinigung oder Wellness sie wählen. Bei manchen Angeboten ist sogar die Kombination von verschiedenen Wohneinheiten möglich. So können je nach Unterbringungsbedarf mehrere Gästesegmente bedient werden.
Interessante Erweiterungsmöglichkeiten
Gute Beispiele existieren sowohl in den Feriengebieten, wie etwa die Privà Alpine Lodge Lenzerheide, als auch im urbanen Umfeld mit der Vermietung von individuell betreuten Luxuswohnungen über Airbnb, beispielsweise Le Bijou in Zürich. Mit der wachsenden Zahl von Job-Nomaden bieten hybride Konzepte ebenfalls interessante Erweiterungsmöglichkeiten für bestehende Hotels. So können sie als interessantes Zusatzgeschäft etwa long-stay-Apartments oder Business-WGs mitbewirtschaften.
Besonders in grossen Städten ist es für Gäste mit schmalem Budget schwierig, eine bezahlbare und zeitgemässe Unterkunft zu finden. Im Low-Budget-Segment tummeln sich häufig Betriebe, bei denen nicht der Gast, sondern der Squeeze-out der Immobilie im Vordergrund steht. Dass es auch anders geht, zeigen neu entwickelte Micro-Hotels im Hostel-Stil, denen es gelingt, mit intelligenter Innenarchitektur und gelungener Materialauswahl ein Downsizing der Zimmer ohne signifikanten Komfortverlust zu erreichen. Interessante Konzepte bieten Yotel, Arlo, Jo & Joe aus dem Hause Accor oder The Pod Hotels. Kleine Zimmer, verbunden mit grosser sozialer Interaktion in öffentlichen Räumen und den Food-Outlets: Das ist die Mischung, die bei den Gästen gut ankommt. Und damit die Kosten gering bleiben, wird auf modulare Bauweise gesetzt.
Public Spaces als Antwort auf Airbnb
Persönliche Betreuung, Geselligkeit und Kontakt zu Einheimischen gelten neben günstigen Preisen als die Nachfragetreiber für Airbnb & Co. Aber nicht jeder, der anonyme Schlafstättenhotels meidet, will sich vom anderen Extrem – einer übereifrigen Fürsorge durch Hobbygastgeber und deren privatem Einrichtungsgeschmack – vereinnahmen lassen. Für diese Klientel springen Hotels in die Bresche, die es verstehen, neben günstigen Preisen und einem stylischen Ambiente den öffentlichen Raum geschickt in ihr Konzept zu integrieren. Die Öffnung des Hotels als eine Art Wohnzimmer des Quartiers rückt verstärkt in den Mittelpunkt der Hotelentwicklung. Ian Schragers neue Public Hotels sind ein gutes Vorbild für diese Entwicklung.
Netzwerke nutzen mit Community-Hotels
Die Spezialisierung auf eng definierte Zielgruppen ist heutzutage ein wesentlicher Erfolgsfaktor. So versuchen Hotels ihr Angebot etwa auf die Generation Y auszurichten. Diese Form der Marktsegmentierung greift aber zu kurz, denn nur weil man Generationsgenosse ist, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass man die gleichen Interessen, Lebensstile oder Ferienwünsche hat. Deshalb empfiehlt sich die Fokussierung auf Affinity Groups, das heisst auf Personengruppen, die eine gemeinsame Leidenschaft teilen, sich in szenebasierten Netzwerken austauschen und damit gezielt fürs Marketing erreichbar sind. Diverse Beispiele wie Hundehotels, Hotels für Oldtimerfans oder Veggie-Hotels existieren schon länger, aber auch Konzepte für ganz neue Meta-Milieus sind am Entstehen. So etwa das Blockchain-Hotel in Essen, benannt nach einer webbasierten Technologie, das zu einem Treffpunkt der Blockchain-Szene werden soll.
Marktabschöpfung durch Pop-up-Hotels
In den alpinen Regionen akzentuiert sich die Saisonalität stetig. Während zu Hochsaisonwochen wie Weihnachten oder den Skiferien die Zimmer mehrfach verkauft werden können, steht in der restlichen Zeit ein Grossteil der Kapazität leer. Sofern ein Hotel noch über Landreserven verfügt, können die umsatzstarken Nachfragespitzen durch mobile Chalets gewinnbringend abgeschöpft werden. Vielversprechende innovative Konzepte für Pop-up-Erweiterungen bieten etwa WW-Wohnwagons, Wien, oder die Uffer AG, Savognin. Allerdings sind in der Schweiz professionelle Anbieter für temporäre Hotelkapazitäten im Leasing Modell noch kaum verbreitet.
Fazit
Mit der Schaffung neuer Unterbringungsformen oder cleverem Redesign entstehen Strukturen, die sich an individuelle Gästebedürfnisse anpassen. Dies setzt die Bereitschaft voraus, unkonventionelle Wege zu gehen und kritisch zu hinterfragen, welche Services und Einrichtungen der Gast wünscht. Dank der Digitalisierung können Services zukünftig in hohem Mass ausgelagert und die Mitbenutzung von Infrastrukturen leichter organisiert werden. Im Angebotskern verbleibt aber die attraktive Gästeunterbringung. Mit der Fusion von High-Tech und High-Touch entstehen so ganz neue Möglichkeiten und Erfolgspotenziale.
Quelle: hotelier.ch und Norbert Hörburger