Um 1990 wurden in Zürich erstmals möblierte Apartments auf Zeit vermietet. Mittlerweile tummeln sich diverse Anbieter auf dem Markt. Auch Hotels interessieren sich zunehmend für „long stay“-Kunden.
Neue Zürcher Zeitung über Business Apartments
Nr. 8, Nr. 12, Nr. 14, Nr. 16, Nr. 21, Nr. 26, Nr. 31, Nr. 33 – die Zürcher Friesstrasse ist Swiss-Star-Land. Acht Häuser mit insgesamt 203 Wohneinheiten mietet der Anbieter von Business-Apartments an der kleinen Strasse beim Bahnhof Oerlikon. Und es werden immer mehr, denn das Geschäft läuft gut: Expats, aber auch Leute mit mehreren Wohnsitzen, die weder Zeit noch Lust haben, regulär eine Wohnung anzumieten und selber auszustatten, setzen zunehmend auf die bequeme Variante des möblierten Apartments auf Zeit: Der Mietvertrag ist – nach einer virtuellen Besichtigung – übers Handy im Nu abgeschlossen, die Wohnung sofort bezugsbereit, und eine Haushaltshilfe muss man auch nicht suchen, da die wöchentliche Reinigung inklusive Auswechseln von Bett- und Frotteewäsche zum Standardpaket gehört. Zudem bleibt man auch nach dem Einzug flexibel, denn kurzfristig zu kündigen, ist ebenfalls kein Problem.
Ein junges Geschäftsmodell
2.390 Business-Apartments gibt es mittlerweile in der Stadt Zürich, wie die Statistiker erstmals ermittelt haben (vgl. Grafik). Das entspricht rund 1,1% des gesamten Wohnungsbestands. Ob das nun wenig, viel oder gar zu viel ist, ist Ansichtssache. Sicher ist, dass die Zahl steigt, denn vor dreissig Jahren gab es dieses Geschäft im Grunde noch nicht.
Pierre-Alain Bardellini dürfte mit seiner 1990 mit einem Partner gegründeten Firma Pabs Résidences + Appartements in Zürich einer der Pioniere bei der Vermietung möblierter Wohnungen gewesen sein. Bardellini hatte bereits in den 1980er Jahren im Rahmen seiner Arbeit bei Zürich Tourismus Privatwohnungen an Reisende vermietet. Als dann wegen der Immobilienkrise reihenweise Wohnungen leer standen, wandten sich viele Vermieter an ihn mit der Anfrage, ob er nicht Wohnungen von ihnen mieten und zur kurzfristigen Vermietung umrüsten wolle. Auch Anja Graf gehört mit ihrer 1999 gegründeten Firma Vision Apartments zu den First-Movern der Branche. Bei ihr reifte die Geschäftsidee, weil sie als Besitzerin einer Model-Agentur in Zürich vergeblich günstige Übernachtungsangebote für ihre Models suchte. In den letzten zehn Jahren sind nun aber unzählige Anbieter dazugekommen, viele von ihnen klein und nur regional tätig oder auch reine Nischenplayer, wie z. B. Le Bijou, ein Unternehmen, das sich ausschliesslich auf Luxusapartments an allerbesten Lagen konzentriert.
Erleichtert wird der Markteintritt durch die Internet-Vermittlungsplattformen, die es jedem erlauben, sein Angebot ohne grossen Werbeaufwand sichtbar zu machen. Angepriesen werden die Objekte nicht nur auf den bekannten Schweizer Immobilienplattformen wie Immoscout24 oder Homegate (die beide über Suchfunktionen für möblierte Wohnungen verfügen), sondern auch auf Airbnb sowie spezialisierten internationalen Plattformen wie Spotahome, Thehomelike oder Silverdoorapartments.
Business Apartments - Potenzial für weiteres Wachstum
Trotz dem wachsenden Angebot scheint der Markt noch nicht gesättigt. Traut man den Aussagen von Firmenvertretern, sind Belegungsraten von 90 bis 95% keine Seltenheit. Dies entspricht schon fast einer Vollauslastung, denn eine leichte Delle über die Weihnachtsfeiertage ist bei dieser Art von Angebot kaum zu vermeiden. Viele Anbieter hegen denn auch weiterhin Expansionspläne. Swiss Star beispielsweise, mit derzeit 940 Apartments in und um Zürich einer der grössten Anbieter der Region, wird bald die Schwelle von 1.000 Einheiten überschreiten, wie Shahin Ardabili, der Eigentümer und CEO, erklärt. Auch der Schweizer Marktführer Vision Apartments ist gerade daran, mit Lausanne, Vevey und Zug drei weitere Standorte in der Schweiz (plus einen in Frankfurt) zu eröffnen, womit die Zahl der Apartments um 345 auf rund 1.300 steigt.
Es sind aber auch andere Stimmen zu hören: dass das Geschäft schwieriger geworden sei und dass die Zeiten, in denen man mit möblierten Wohnungen fast mühelos Geld verdienen konnte, der Vergangenheit angehörten. Grund dafür ist vor allem das verstärkte Kostenbewusstsein der Kunden. Speziell die grossen Firmen seien stark auf die Ausgabenbremse gestanden, sagt Balazs Zsin, CEO der 2009 gegründeten Reloc Services Apartments in Wallisellen. Früher seien Zuschüsse von 5.000 Fr. pro Monat an eine Wohnung an der Tagesordnung gewesen, heute gebe es vielleicht noch 2.000 bis 2.500 Fr. pro Person. Erhellend ist auch die Aussage von Antonio Di Gregorio, einem der heutigen Partner von Pabs: Die Auslastung betrage zwar mehr als 90%, aber dieser Wert sei auch nötig, um überhaupt profitabel sein zu können.
Konkurrenzdruck steigt
Der Wettbewerb ist härter geworden, allerdings nicht so hart, wie er sein könnte, denn die Konkurrenz beschränkt sich bis jetzt hauptsächlich auf inländische Firmen. Internationale Ketten sind nahezu keine präsent. Ein möglicher Grund ist, dass Business Apartments als Wohnnutzung gelten und der Liegenschaften Besitz der Lex Koller untersteht. Ausländische Anbieter kommen somit als Hausbesitzer nicht infrage. Allerdings ist der Besitz der Liegenschaft keine Voraussetzung, um im Markt für Business Apartments tätig zu sein. Auch von den Schweizer Anbietern sind nur wenige Eigentümer ihrer Wohnungen. Swiss Star und Pabs sind überall zur Miete. Vision Apartments besitzt zwar fast alle Wohnungen bzw. baut die Häuser teilweise sogar selber. Doch auch Anja Graf will mit ihrer Firma künftig verstärkt als Betreiberin auftreten. Im Baukastenprinzip sollen Hauseigentümer Dienstleistungen einkaufen können, sei es das Management der Wohnungen, die Möblierung oder die Software.
Aber weshalb denn – im Gegensatz zur Hotellerie – diese Absenz internationaler Player? Relevant ist wohl vor allem die Tatsache, dass der Markt für „Serviced Apartments“ weltweit noch weniger weit entwickelt ist. Laut dem Beratungsunternehmen JLL kommt etwa in London auf 12 Hotelzimmer nur gerade ein möbliertes Apartment mit Service, in New York beträgt das Verhältnis 10:1. Verglichen mit diesen Zahlen präsentiert sich in Zürich das Angebot an Business Apartments geradezu üppig (oder dasjenige an Hotelzimmern bescheiden), denn laut Statistik Stadt Zürich beträgt das Verhältnis zwischen Hotelbetten (nicht Zimmern) und Business Apartments rund 6:1. 14.000 Hotelbetten wurden 2016 gezählt – und die erwähnten 2.390 Apartments.
Aparthotels als Konkurrenz zu Business Apartments?
Mittlerweile sind die Serviced Apartments allerdings weltweit im Aufwind. Vor allem im Bereich Aparthotels sind Markteintritte von internationalen Playern zu erwarten, denn dieses Format (vgl. Infobox) ist im Ausland bekannter. Anja Graf sieht dieser Entwicklung jedoch gelassen entgegen. Für kürzere Aufenthalte seien diese Angebote gut geeignet, aber bei längeren Mietdauern könnten sie preislich nicht mithalten. Vision Apartments konzentriert sich bewusst auf Aufenthalte von einem Monat und mehr. Es gibt zwar keine formelle Untergrenze. Aber die ausgeschriebenen Preise – ab 1.300 Fr. pro Monat für ein möbliertes Studio mit Küche – beziehen sich laut Graf auf eine Mindestmietdauer von dreissig Tagen. Bei kürzeren Aufenthalten betrage der Aufschlag bis zu 30%, was nicht mehr attraktiv sei.
Hotelzimmer und Business Apartments unter einem Dach
Für Bruno Schöpfer ist klar: Das Wachstumspotenzial der Hotellerie liegt im „long stay“. Deshalb hat er beim Bürgenstock-Resort, das er als Managing Director für Katara Hospitality Switzerland konzipiert und aufgebaut hat, viel Wert auf einen grossen Anteil an Residenzen gelegt. Und deshalb finden sich in seinem eigenen Hotel Acasa Suites, das er vor zwei Wochen – kurz nach dem Bürgenstock-Resort – in Zürich nahe dem Bahnhof Oerlikon eröffnet hat, neben 64 traditionellen Hotelzimmern 77 Suiten und Apartments, die alle mit Küchen ausgestattet sind.
Wer in diesen 28 bis 88 m² grossen Suiten wohnt, kann die bezogenen Dienstleistungen auf das Niveau eines Business Apartments herunterfahren. Minimum ist die wöchentliche Reinigung. Nicht nur selber kochen, auch selber Wäsche waschen ist dank Waschsalons auf mehreren Stockwerken und teilweise sogar eigenen Waschmaschinen möglich. So lässt sich nicht nur die Privatsphäre erhöhen, sondern auch der Preis deutlich senken. Pro Nacht kostet das 28-m²-Studio 186 Fr., pro Monat sind es dann nur noch 3.375 Fr., rund 40% weniger als der hochgerechnete Kurzaufenthaltspreis. Das ist zwar immer noch teurer als ein Business Apartment selbst der gehobenen Kategorie, aber dafür hat der Gast in den Acasa Suites neben seinen Zimmern auch noch Gemeinschaftsräume zur Verfügung, von der Lounge über die Bibliothek und den Fitnessraum bis zum kleinen Spa.
Gemeinschaftszonen und eine besetzte Rezeption sind typischerweise der Hauptunterschied zwischen Aparthotels und Business Apartments, die mittlerweile beide um die gleiche Kundschaft werben. Aber die Grenzen sind fliessend, denn im Zeitalter der Digitalisierung verbreitet sich der elektronische Self-Check-in, während Anbieter von Business Apartments, wie z. B. Vision Apartments, mit Gemeinschaftsräumen experimentieren, sei es ein Swimmingpool mit Bar auf dem Dach oder eine Lounge im obersten Stockwerk. Selbst in Bezug auf Mindestaufenthaltsdauern verwischen sich die Grenzen; gewisse Anbieter von Business Apartments haben sie bereits abgeschafft und regulieren die Nachfrage über den Preis. Anders als der klassische Hotelmarkt ist der „long stay“-Markt nach wie vor sehr fragmentiert. Statt Weltmarken prägen lokale Anbieter den Markt. Aber laut dem Immobiliendienstleister JLL ändert sich das langsam, denn einerseits setzen mehr und mehr Hotelbetreiber auf Langzeitgäste, wie z. B. Marriott mit der Marke „Elements“, oder Hilton mit „All Suites“. Anderseits expandieren spezialisierte Anbieter wie die Ascott-Gruppe aus Singapur, die in Europa unter dem Label „Citadines“ firmiert, im Eiltempo. Erklärtes Ziel von Ascott ist es, bis 2020 weltweit auf 80.000 Wohneinheiten zu wachsen.
Was den Langzeitgast laut Schöpfer so interessant macht, ist die Tatsache, dass er viel weniger Dienstleistungen konsumiert, womit die Personalkosten gesenkt werden können. Statt mit 50 bis 55% Lohnkosten rechnet er in seinem Aparthotel mit 30% oder weniger. Zudem kommen die Buchungen in der Regel nicht über Booking.com herein, sondern direkt über Firmen in der Umgebung oder Relocation-Agents, womit dem Hotel mehr Marge bleibt.
Quelle: NZZ
https://www.nzz.ch/wirtschaft/business-apartments-ein-wachsendes-geschaeftsfeld-ld.1322723