Die letzten drei Jahre haben ein aussergewöhnliches Aufeinandertreffen von drei potenziell epochalen Ereignissen hervorgebracht. Von der russischen Invasion in der Ukraine über die eskalierende politische Polarisierung in den USA und Europa bis hin zur weltweiten Coronavirus-Pandemie hat sich die Verunsicherung unter den Investoren im Allgemeinen, nicht nur im Immobilienbereich, breit gemacht.

Die SNB als Retterin in der Not

Trotz alledem ist das Vertrauen in das Sentiment nie das richtige Mittel, denn dieses ist vergänglich und ändert sich ständig. Vielmehr sollte man sich die Frage stellen: Wie sehen die konkreten Fakten bezüglich Investitionen in Schweizer Immobilien aus?

 

Schweizerischer Wohnimmobilienpreisindex (Q1 2000 = 100)
Quelle: Global Property Guide

Zu Beginn des Lockdowns im Jahr 2020 kam es zu einem anfänglichen leichten Zögern auf dem Markt, das in der Grafik kaum erkennbar ist. Dieses legte sich jedoch mit der Fortsetzung und sogar Beschleunigung des Aufwärtstrends der Preise aus der Pre-COVID-Zeit schnell wieder. Grund dafür war zum einen die Unterbrechung der Bautätigkeiten, die durch den Lockdown verursacht wurden und die bereits chronische Wohnungsknappheit verschärfte.

Noch bedeutender war aber die Rolle der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und ihrer Geldpolitik. Aus Angst vor einem Konjunktureinbruch, der durch die Pandemie drohte, senkte die Zentralbank ihren Leitzins auf einen negativen Wert von 0,75%, den weltweit niedrigsten.

Ein Markt für Kreditnehmer

Die Reaktion der Hauskäufer war enthusiastisch, vielleicht bis zu einem gewissen Grad bedingt durch die lange Zeit, die sie während des Lockdowns in ihren eigenen vier Wänden verbrachten und die ihnen die Defizite ihrer derzeitigen Wohnräume, insbesondere den Platzmangel, vor Augen führte. Die aussergewöhnlich tiefen Kreditkosten waren jedoch nicht der einzige Faktor, der diese Nachfrage antrieb. Die Schweiz verzeichnet seit Ende des 20. Jahrhunderts einen stetigen Bevölkerungszuwachs und die steigende Zuwanderung, insbesondere aus der EU, ist ein wichtiger Faktor für diesen Trend.

 

Jährliche Nettozuwanderung und Bevölkerungswachstum in der Schweiz
Quelle: Bloomberg

Auch auf der Angebotsseite begünstigten die Umstände einen starken Trend bei den Immobilienpreisen. Aufgrund restriktiver Planungsgesetze (zum Beispiel das Raumplanungsgesetz von 2014) zur Eindämmung der Zersiedelung war das Angebot an neuem Wohnraum bereits vor COVID-19 rückläufig – und zahlreiche Branchenexperten erwarteten, dass dieser Trend anhalten wird.

 

Baugenehmigungen und Bauanträge in Anzahl Wohneinheiten
Source: Credit Suisse

Knappheit aufgrund gesetzlicher Vorgaben

Laut der Bank ist der gesetzliche Hauptschuldige das Raumplanungsgesetz von 2014, das die Ausweitung der Bauzonen einschränkt und die Bauträger dazu zwingt, nur in den aktuell zugelassenen Gebieten zu arbeiten. Darüber hinaus wurde das Gesetz zwar im Oktober 2022 offiziell von allen 26 Kantonen verabschiedet, seine volle Wirkung wird sich jedoch erst zeigen, wenn jeder Kanton seine kantonalen Vorschriften an die neuen Bestimmungen angepasst hat – ein weiteres Indiz dafür, dass der Trend anhalten wird.

Darüber hinaus hat auch die Geldpolitik während des Lockdowns die Immobilienpreise zusätzlich angekurbelt. Rund CHF 35 Milliarden wurden in die Volkswirtschaft gepumpt, um stillgelegte Unternehmen und deren beurlaubte Mitarbeitende zu unterstützen. Ein unbekannter, aber vermutlich bedeutender Teil davon wurde für den Eigenkapitalanteil und andere mit einem Haus- oder Wohnungskauf verbundene Kosten verwendet.

Wenn der Krake erwacht

Obwohl die Coronavirus-Pandemie sicherlich einen erheblichen positiven Einfluss auf die Schweizer Immobilienwerte hatte, handelte es sich dabei nur um ein vorübergehendes Phänomen. Weitaus bedeutender war der russische Einmarsch in der Ukraine im Februar 2022, der die russischen Energielieferungen nach Europa unterbrach und sowohl die Inflation als auch die Zinsen ankurbelten, die seit Jahrzehnten einen Abwärtstrend eingeschlagen hatten.

 

Zins- und Inflationsraten in der Schweiz von 2004 bis 2024
Quelle: Trading Economics

Der jährliche Zinssatz für eine fünfjährige Festhypothek stieg in der Zeit nach der Invasion von rund 1% auf 2,7% an. Obwohl dieser Anstieg im Vergleich zum langfristigen Durchschnittszins von 4% bescheiden war, erhöhte er die jährlichen Kosten eines Darlehens für den Kauf einer durchschnittlichen Eigentumswohnung von CHF 8'250 auf CHF 21'380.

Nach dem Einmarsch kam es zu einigen anfänglichen Vorbehalten bei den Immobilienpreisen, doch der Aufwärtstrend setzte sich schnell wieder fort, wenn auch etwas langsamer. Dennoch wurde die Nachfrage gebremst, und zwar nicht wegen der höheren Preise, sondern weil die Gesamtkosten für Wohnraum stark anstiegen und sich dadurch die Erschwinglichkeitsquote verschlechterte.

 

Vergleich des finanziellen Aufwands für selbst genutztes Wohneigentum und Mietwohnungen (Daten bis: Q4, 2022)
Source: Credit Suisse

In ihrer Immobilienstudie von 2023 schätzte die Credit Suisse, dass die durchschnittlichen jährlichen Kosten für die Tilgung eines Hypothekarkredits auf zwischen 40% bis fast 60% eines Durchschnittseinkommens gestiegen sind, je nachdem, ob es sich um eine Eigentumswohnung oder ein Haus handelt. Bei der Betrachtung der Auswirkungen dieses Anstiegs ist es entscheidend, den grösseren Zusammenhang zu berücksichtigen, denn auch Lebensmittel, Treibstoff, Kleidung und andere Konsumgüter sind erheblich teurer geworden.

Enttäuschende Prognosen

Mit solchen Einschränkungen für die Käufer könnte man einen starken Rückgang der Immobilienpreise in der Schweiz erwarten. Dass sie kaum mehr als stagnierten, ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass unsere Wirtschaft auch im Laufe des Jahres 2022 den pessimistischen Prognosen der meisten Analysten trotzte.

Während dieser Zeit wurde praktisch einhellig erwartet, dass der starke Anstieg der Preise und Zinssätze 2023 zu einer Rezession in den USA führen würde. Der Schweiz wurde zwar kein solches Schicksal vorausgesagt, doch führende Analysten wie Pictet prognostizierten einen Rückgang des BIP-Wachstums von 2% im Jahr 2022 auf nur noch 0,5% im Jahr 2023. Diese Voraussage stammt vom Dezember 2022, doch im September 2023 veranlasste das anhaltend zufriedenstellende Konsumniveau die Landesregierung, ihre Prognosen zu revidieren und für 2023 einen Anstieg um 1,3% und für 2024 um 1,2% vorauszusagen.

Jedoch bleiben die Faktoren, die das Immobilienangebot jahrzehntelang untergraben haben, bestehen. Insbesondere Neubauten sind weiterhin Mangelware, da die Bauindustrie nach wie vor durch Planungsauflagen und den Arbeitskräftemangel (vor allem bei Zimmerleuten und Elektrikern) gehemmt wird.

 

Prognose für die Schweizer Wohnbautätigkeit
Quelle: Wüest Partner

Die obenstehende Grafik zeichnet ein höchst optimistisches Bild der Angebotsaussichten im Immobiliensektor. Selbst nach der Erholung nach COVID stagnierte die Wohnungsbautätigkeit das ganze Jahr 2023 hindurch und ging gegen Ende des Jahres 2023 und in diesem Jahr deutlich zurück. Gleichzeitig bleibt die Zahl von Baugesuchen verhalten, was vermuten lässt, dass der Aufschwung im Wohnungsbau 2024 bescheiden ausfallen wird.

Gleichzeitig dürften die Kreditkosten beträchtlich sinken, wenn die Nationalbank mit der Senkung ihres Leitzinses von dem im Juni 2023 erreichten Höchststand von 1,75% beginnt. Die UBS prognostiziert drei Reduktionen, die erste davon im Juni. Zusammen mit dem Rückgang der Inflation wird dies die Erschwinglichkeit voraussichtlich verbessern und so eine Nachfrage generieren – zusätzlich angeheizt durch die zunehmende Zuwanderung.

All dies ist zweifellos ein beeindruckendes Zeugnis der Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Schweizer Immobilienmarkts. Daher erscheinen die früheren Prognosen von Le Bijou, die von einem Rückgang der Preise ausgingen, inzwischen zu pessimistisch, denn die Inflation, die Zinssätze und die nationale Wirtschaft haben nicht den „vorausgesagten“ Weg eingeschlagen.

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